Oh it´s just a perfect day

Die Qualität von Tagen ist etwa so gleichförmig wie das Wetter im April. Es gibt Tage, die vor sich hin plätschern, Tage, an denen alles schief geht, Tage, an denen viele Entscheidungen anstehen, Tage, die außergewöhnlich kommunikativ sind und neue und alte Verbindungen knüpfen und ganz einfach perfekte Tage. Einen solchen erlebte ich am vergangenen Donnerstag.

Voller Vorfreude räumte ich morgens auf und putzte ich, denn ich erwartete Besuch. Ein schwules Paar, das heiraten und gegebenenfalls die Dienste von Herrn Freude in Anspruch nehmen wollte. Und so stellte ich die Wohnung in einen Zustand her, den sie in der Vergangenheit nicht oft erleben durfte, kaufte Sonnenblumen, die farblich sehr schön zu der Tischdecke und meinem Lieblingsbild im Esszimmer passten, wo ich das Paar empfangen wollte, kaufte ein Diktiergerät, legte schon mal den wunderbaren Soundtrack von Once in den CD-Player, stellte Milch für den Kaffee auf den Herd, setzte mich ins Wohnzimmer und versank in mein Inneres. Allerdings nicht allzu lange, denn da bisher alle, die mich, Herrn Freude, anriefen, meldeten sich danach nicht mehr. Also ging ich auf und ab und lugte immer wieder aus dem Fenster, in der Hoffnung zwei Männer zu sehen, die einen schwulen Eindruck machten und in Richtung meiner Haustür gingen. Und siehe da, genau so passierte es. Ein Auto parkte, zwei schick gekleidete und frisierte Männer stiegen aus, gingen tatsächlich in die Richtung meiner Haustür und … dingdong!

Mein Herz hüpfte vor Begeisterung und Vorfreude. Und genau wie ich es mir während der Entscheidung, als Zeremonienmeister arbeiten zu wollen, ausgemalt hatte, liebte ich das Vorgespräch. Ich konnte es meinen Gästen so angenehm wie möglich machen, konnte enthusiasisch vortragen, warum ich sie gerne trauen möchte, konnte sie befragen, wie sie sich kennen gelernt haben, was sie an einander lieben, warum sie heiraten möchten und wie sie das möchten. Herrlich! Die beiden waren sehr sympathisch, offen und ehrlich und nach anfänglicher Nervosität entwickelte sich ein äußerst angenehmes und für mich informatives Gespräch. Nach etwa einer Stunde wusste ich erstmal genug für ein schönes Zeremoniell und fragte, wie wir weiter vorgehen wollten. Ob sie sich noch weitere Kandidaten ansehen und mich später anrufen möchten, woraufhin sie sagten, dass das nicht nötig sei, weil sie bei mir ein gutes Gefühl hätten und sich gerne von mir trauen lassen wollten. Jippiiiiiiihhhhhhh! Und das über den Wolken Potsdams in einer Cessna!

Auf die Frage, wie es mit der Bezahlung liefe, sagte ich, dass ich auf Spendenbasis arbeiten würde und nur dann eine Preisempfehlung nennen würde, wenn es ihnen sonst unangenehm wäre. Dass ich die Empfehlung auf Grundlage des sonstigen finanziellen Aufwandes der Hochzeit geben würde. Das war für die Beiden kein Problem und sie wollten von sich aus eine Anzahlung geben, damit ich und sie ein gutes Gefühl hätten. Daraufhin kaufte ich mit ihnen ein Quittungsblock und schrieb völlig euphorisiert meine erste Quittung!

Ich platzte fast vor Glück und Freude und teilte diesen Umstand gleich telefonisch mit meinen Eltern und meiner Schwiegermutter. Anschließend wollte ich geschwind den Bachmann-Preis im Fernsehen aufnehmen, wo meine Schwägerin teilnahm und musste feststellen, dass der Telekom-Receiver streikte. Das tat er schon von Anfang an, jedoch war der Leidensdruck nie so groß, dass ich was dagegen unternommen hätte, auch wenn meine Frau beharrlich darüber schimpfte. Jetzt stand aber auf meinem Fernseher eindeutig, dass ich den Kundendienst anrufen müsse. Ich machte es und… tadaaaa! Alles ging. Mit zwei einfachen Umsteckungen funktionierte es wie noch nie.

Federnden Schrittes ging ich in die Kita, wo ich meinen Sohn abholen wollte und sah in so glückliche Gesichter, dass ich mir dessen gewiss wurde, dass andere gar nicht anders konnten, als mir freundlich zu begegnen, weil ich über alle Maßen glücklich war. Ich führte so private Gespräche mit den Erzieherinnen wie noch nie, erzählte von Herrn Freude, was zu tief ehrlichen Beglückwünschungen führte.

Die Mutter des besten Freundes meines Sohnes kam strahlend um die Ecke und sagte mir, dass sie in einem nie dagewesenen Flow ihre Magisterarbeit beendet hätte, meine Kinder strahlten mich an, bei meiner Frau verflog in Sekundenschnelle ihre Müdigkeit nach der Arbeit, das Essen im Stammrestaurant schmeckte so gut wie selten und auch die abendliche Erotik im Schlafzimmer wollte da nicht zurückstehen und gab alles und noch etwas mehr.

Dieser Tag gab mir gleich mehrere Gewissheiten. Und zwar, dass Herr Freude die richtige Entscheidung war und dass tatsächlich Innen wie Außen ist. Wenn wir glücklich sind, wenn wir uns selbst lieben, dann finden wir im Außen die Entsprechung. Was für eine schöne Gewissheit!

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